Beziehungsmedizin intergenerationell, interaktives Seminar im Wintersemester 2019/20 – Klinik für Vorkliniker (Wahlpflichtfach):
Bewegendes Seminar zwischen den Generationen
Zeit und Ort: Mittwochs 13:00 - 15:00 Uhr, Klinikum Lahnberge, Turnsaal, Tel.: -1 / 23280 (Physiotherapie)
Liebe Studierende,
das Seminar Beziehungsmedizin intergenerationell ist eine Wahlpflichtveranstaltung, um sich mit Bewegenden Ereignissen in der Medizin vertraut zu machen. Diese Bewegenden Ereignisse können mit Hilfe der Krankheitserfahrung von Betroffenen erlebt, verstanden und aktiv aufgegriffen werden. Das Seminar dient also nicht spezieller Informationsgewinnung sondern der Vertiefung von Einsichten auf dem Boden von Vertrauen in die Gruppe. – Eine Gruppe von durchschnittlich 70jährigen Senioren trifft sich wöchentlich mit Ihnen, den Studierenden. Abgehandelt werden Krankheitssymptome, die in der Regel von der Augen- bis zur Zahnmedizin, also von A – Z der Medizinischen Lehre reichen. Eine große Rolle spielt das Vertrautwerden mit Symptomen in der Allgemeinmedizin, daneben in der Inneren Medizin, Orthopädie (Sportmedizin!) und Gynäkologie/Geburtshilfe (vgl. nachfolgenden zwölfteiligen Aufbau und Lernziele des Seminares; www.schueffel.eu).
Das Seminar ist so aufgebaut, dass zwei Fehltermine möglich sind und zwei verpasste Veranstaltungen kompensiert werden können. Benotet wird es anteilig auf dem Boden persönlichen Einbringens in die Gruppe und eines Essais (in ausgesprochen subjektiv-persönlicher Weise gehalten, frei nach Michel de Montaigne, 1533-1592) von 5 – 7 Seiten Länge. Die maximale Teilnehmerzahl beträgt sieben Studierende. Bitte melden Sie sich so früh als möglich an über das Sekretariat der Medizinischen Psychologie, FB 20, Philipps-Universität Marburg
Studierende und "ehemals Studierende" äußern sich zum Seminar "Beziehungsmedizin intergenerationell":
Marlene (SoSem 2016): "Das Seminar „Beziehungsmedizin intergenerationell“ ist für mich eine Insel im Alltag. Woche für Woche freue ich mich darauf, Sorgen hier aussprechen zu können. Und zugleich: Ich kann auch Empfängerin von Sorgen Anderer sein."
Elena (SoSem 2016): "Man wird sensibilisiert. Das Vertrauen zwischen den Studenten ist hier viel stärker als in jedem anderen Seminar. Es hat mir geholfen, sensibler zu werden im Gespräch mit den Anderen, mit mir selbst."
Maxi (SoSem 2016: "Im Seminar „Beziehungsmedizin intergenerationell“ geht es um Gesundheit. Die Pathologie, die Krankheit wird nicht zum Ziel des Unterrichtes, sondern zum Ziel wird Gesundheit, zu der Krankheit gehört. – Die Gruppenarbeit hat mir geholfen, unterschiedliche Perspektiven zu verfolgen."
Alexandra (SoSem 2016: "In den aufeinanderfolgenden Gruppengesprächen mit denselben Menschen werden Verläufe sichtbar. Sie werden nacherlebbar, wenn ich dort in der Turnhalle auf dem Petsyball sitze und Zeichen von Hyperventilation, Hochdruck, Rückenschmerz, Unterzuckerung bei Diabetes, Herzrhythmusstörungen usw. erlebe. Ich lerne Gestik, Mimik, Motorik verfolgen."
Sebastian (WS 2016/17): "Hier im Seminar ist die kompetente Stelle, um die Richtigkeit meiner Krankengeschichte (bei der Medizinpsychologie vorzulegen) zu überprüfen."
Ehemals Studierende haben sich wie folgt geäußert:
1. Volker, Berlin Teltow, (Leitender Arzt der dortigen Psychosomatikklinik der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und weiterhin den Anamnesegruppen verbunden):
"Damals (in den späten 80er Jahren) erschien mir das Konzept der Anamnesegruppe als Offenbarung, und so ist es bis heute geblieben. Ausgangspunkt ist der Patient mit seinen Symptomen, seinem Körper, seinen Gefühlen, seiner Krankheits- und Lebensgeschichte. Hierüber wird in der Gruppe reflektiert – aus unterschiedlichen Perspektiven entsteht ein Gesamtbild.“ - Volker stellt hier fest, dass Medizin keinesfalls eine reine biologische Angelegenheit , sondern eine kulturell-gesellschaftlich-biologisch-relationelle Einrichtung ist (2012:85; sowie in Schüffel et al., 2018).
2. Matthias, heute Leitender Arzt der Psychiatrie von Hadamar, als ehemaliger „Anamnesler“ und als heutiger Supervisor äußert er sich zu den Anamnesegruppen als Ursprungsmodell des Seminares Beziehungsmedizin:
"(Es ist) eine vitale, junge, kritische, dynamische und ideenreiche Bewegung.“ (2009:150)
3. Wolfgang, (heute Leitender Arzt der Psychosomatik desHl. Geist Spitales von Frankfurt, und den Anamnesegruppen seit Jahrzehnten verbunden):
"Das Symptom passt sich sozusagen den gesellschaftlichen Bedingungen (auch den Bedingungen des Gesundheitswesens, also z. B. der inhaltlichen Ausrichtung und Haltung der Ärzte) an, um auch weiterhin in seinen Funktionen seinen Sinn erfüllen zu können.“ - Abgehandelt wird hier die zwingende Notwendigkeit, im Team den symptomzentrierten Ansatz zu verfolgen (2012:155).
4.Roland, (damals kurz vor seinem Staatsexamen stehend; heute ist er FA Allgemeingarzt,und Lehrbeauftragter der Allgemeinmedizin Tübingen) formuliert in der international ausgeschriebenen PreisarbeitAscona Balint Award Essays 2010):
"Soon, I will take my exams. As a physician, I will be responsible for patient health, but also for the education of younger colleagues. This is a task I will accept with joy and will take very seriously.” – Und er fährt fort: “Although structures in medical education change at a slow pace, I am convinced that small changes can make a difference. I shall contribute to this by making students feel welcome, listening to them, discussing emotions and believing in their skills and devotion.”(2010:62). - Heute geht es Roland um die Frage, wie sich Medizinstudierende an der Universität angenommen fühlen, wie er sie willkommen heißen kann.
5. Thomas, (heute Oberbürgermeister von Marburg, früher Tutor der Psychosomatik):
"Wer eine am ganzen Menschen orientierte Medizin will, der muss zuerst die Begegnung im Sprechzimmer vor der Ökonomisierung schützen. Die Arzt-Patient-Beziehung ist die Keimzelle und das Zentrum des Gesundheitswesens… Verantwortung, Respekt und achtsamer Umgang in der Intimität des Behandlungsraumes verlangen ein ganzheitliches Menschenbild und eine ganzheitliche Haltung weit jenseits der Primitivität der Homo-Ökonomikus-Modelle." (2012:56)
Die Jahreszahlen 2009, 2010, 2012, 2018 stehen für die vier Literaturangaben (vgl. Seminarinhalte "Sommersemester 2018"), nachfolgend.
Im Namen aller Beteiligten darf ich Ihnen sagen, dass ich mich freue, Sie im kommenden Sommersemester 2019 begrüßen zu dürfen.
Falls Fragen bestehen, bitte hier anfragen:
E-Mail:
Anmeldungen bitte so früh als möglich (um Terminüberschneidungen zu vermeiden!) über das Sekretariat der Medizinischen Psychologie, FB 20, Philipps-Universität Marburg,
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Prof. Dr. med. Wolfram Schüffel
Inhalte des Interaktiven Seminares Beziehungsmedizin intergenerationell: Wintersemester 2019/20
1 | Das Angebot 23.10.2019 |
Jetzt: Aus natürlicher Einstellung heraus die Stimmung, Situation, Einstellung und den Umgang aufsuchen: vier Grundelemente einer Beziehungsmedizin von A bis Z: sich von der Allgemeinmedizin und Augenmedizin über die Chirurgie zur Zahnheilkunde bewegen. |
2 | 30.10.2019 | Bedeutung des Symptoms oder des Empfindens und Spürens aufgreifen; die immer vorhandene Bedeutung in der Medizin wahrnehmen. |
3 | 06.11.2019 | Das bio-psycho-soziale Modell im Heute, Gestern, Morgen als Nächsten Schritt vorwegnehmen: zur Sinnbildung in der Medizin. Merksatz: Im Bewegen Bedeutung vorwegnehmen |
4 | Die Frage 13.11.2019 |
Was geschieht, wenn ein ungelöstes Problem körperlich zum Ausdruck kommt, zur Einstellung wird, sich als Trauma zeigt und die Krankheitsverarbeitung bestimmt? - Ein und vier Arbeitsfelder von Arzt und Patient. |
5 | 20.11.2019 | Wann das Wort Stress zum Warnsignal wird und ein ungelöstes Problem anzeigt: Stärken und Schwächen des menschlichen Organismus einschätzen. |
6 | 27.11.2019 | Wo im Leben des Menschen Orte sind, die ungelöste Probleme anziehen; Das Prinzip der Entsprechung. Individuelle Entwicklungsgeschichten und ihre "operative" Angehbarkeit |
7 | 04.12.2019 | Wie Stress als Eustress gesundheitsfördernd ist; wie Stress als Disstress zum Sog für Krankheit wird. - Salutogenese und Pathogenese. Merkfrage: Was geschieht wann, wo, wie? - Vier Frage-Pronomina ohne "warum"! |
8 | Der Ablauf 11.12.2019 |
Wer hat Mut?– Ich atme: Patient und Arzt als Grenzgänger zwischen Phantasie und Realität: Vertrauen als Ankerpunkt …ersinnt? - Sich auf das Selbstvertrauen des Anderen be-Sinnen und empathisch den Nächstmöglichen Kleinen Schritt ableiten. Am 14.12.2019: Abgabe des Essay |
9 | 18.12.2019 | ...erwirbt?– Krankheit steht im Lebenskontext; Gesundheit erwerbe ich im Beziehungskontext; …erwirkt? – Im Beziehungskontext vom "man" und "frau" zum ICH, zum ES und zum Rhythmus kommen und hierdurch wirken.- Merksatz: Wer hat Mut, ersinnt, erwirbt, erwirkt? |
10 | Die Beurteilung 15.01.2020 |
WER teilt mit mir den Hintergrund? - Vererbung als Mitteilung im bio-psycho-sozialen Hintergrund und in der Umwelt. |
11 | 22.01.2020 | ...erteilt Anderen Fortbildung? - Anthropologisch-phänomenologische Betrachtung als rhythmisches Geschehen innerhalb einer lebenslangen Fortbildung von Patienten, Ärzten, Gesunden und Studenten. Besprechung des Essays und deren Austausch unter den Studierenden. |
12 | Letzte Perspektive 29.01.2020 |
...urteilt über Andere? - Studenten und Mitglieder der Gesundheitsgruppe beStimmen sich in Essays, Genogrammen und Lebensparabeln (evtl.) - Scheinausgabe. Merksatz: Gesund leben im Mitteilen, Erteilen, Ur-Teilen |
Literatur:
Petzold, E. R. Otten, H. (Hg): “The Student, the Patient and the Illness, Ascona Balint Award Essays Die Deutsche Balint Gesellschaft e.V., Email:
W. Schüffel: Medizin IST Bewegung und Atmen; vom Elend in die Armut und wie aus Wüste Würde wird – Projekte Verlag Halle, 2009
W. Schüffel (Hg.): Wartburg Phänomen Gesundheit; Projekte Verlag Halle 2012 (vgl. auch Downloads www.schueffel.eu)
Schüffel, W. Herrmann, M., Köllner, V., Merkle, W., Teufel, M., Veit, I., PsychosomaticMedicine in Germany; In: Leigh,H. (ed) (2019): Global Comparative Psychosomatic Medicine; Springer NY